Verlag: btb
Seitenzahl: 496 Seiten
Ausgabe: gebunden
Preis: 19,99 €
ISBN: 978-3442754854
Originaltitel: The Invention of Wings
Inhalt:
Die elfjährige Sarah, wohlbehütete Tochter reicher Gutsbesitzer, erhält in Charleston ein ungewöhnliches Geburtstagsgeschenk – die zehnjährige Hetty "Handful", die ihr als Dienstmädchen zur Seite stehen soll. Dass Sarah dem schwarzen Mädchen allerdings das Lesen beibringt, hatten ihre Eltern nicht erwartet. Und dass sowohl Sarah als auch Hetty sich befreien wollen aus den Zwängen ihrer Zeit, natürlich auch nicht. Doch Sarah ahnt: Auf sie wartet eine besondere Aufgabe im Leben. Obwohl sie eine Frau ist. Handful ihrerseits sehnt sich nach einem Stück Freiheit. Denn sie weiß aus den märchenhaften Geschichten ihrer Mutter: Einst haben alle Menschen Flügel gehabt …
Meine Meinung:
Zu diesem Buch habe ich sehr spontan und kurzentschlossen gegriffen. Ich kannte bereits ein paar Südstaatenromane wie z.B. "The Help" oder "To Kill A Mockingbird", die mich vor allem durch ihre besondere Atmosphäre überzeugt haben. Von "Die Erfindung der Flügel" erwartete ich dasselbe fesselnde Setting und war insbesondere gespannt darauf, wie die Sklaventhematik im Buch problematisiert werden würde. Für weiße Gegenwartsautoren ist es natürlich immer schwierig, einer solchen Geschichte die nötige Tiefe und Glaubwürdigkeit zu verleihen, ohne die Vergangenheit zu verklären oder zu romantisieren.
Sue Monk Kidd umgeht dieses Problem, indem sie dem Buch zwei Protagonistinnen voranstellt: Zum einen Sarah Grimké, die Tochter von wohlhabenden weißen Plantagenbesitzern; zum anderen die etwa gleichaltrige Sklavin Handful, die seit ihrer Geburt im Dienste der Grimkés steht. Der Weg, den das Schicksal für die beiden vorherbestimmt zu haben scheint, könnte nicht unterschiedlicher sein. Und doch verknüpfen sich ihre Leben auf vollkommen unvorhergesehene Weise und zwischen den beiden entsteht eine ganz besondere Verbindung. Diese wird durch die vorherrschenden strikten Rassengesetze jedoch vermehrt auf die Probe gestellt. Die Art und Weise, wie ihre Beziehung geschildert wird, hat mich zutiefst berührt. Denn das erfolgt eben nicht durch eine Weichzeichnung und Verklärung der Südstaatenwelt, zu denen andere Romane allzu schnell neigen.
Besonders inspirierend fand ich, wie sowohl Sarah als auch Handful für ihre Freiheit kämpfen. Denn beide sind ungeachtet ihrer Herkunft auf ähnliche Weise eingesperrt: Die eine soll sich den Zwängen der patriarchalischen Gesellschaft beugen und möglichst gewinnbringend heiraten, die andere kann sich unter der strengen Aufsicht kaum frei bewegen, ohne bestraft zu werden. Die Welt meint es nicht gut für sie, doch Sarah und Handful weigern sich, einfach so klein beizugeben. Für Romantikfans ist dieses Buch sicher eher weniger geeignet, doch gerade die Tatsache, dass Männer hier an den Rand gedrängt werden, finde ich beachtenswert. Nahezu jede männliche Figur erweist sich als bevormundend, dominant, brutal oder betrügerisch. Die Frau und ihre Talente werden verlacht, verniedlicht und unterdrückt; ihre Lebensperspektive könnte nicht beschränkter sein.
Das Buch ist eine wunderbare Hommage an die Frauen- und Sklavenrechtsbewegung. Wenn man das Nachwort der Autorin liest, wird einem klar, wie viel Recherchearbeit hinter dem ganzen Roman steckt. Auch wenn vielen heute der Name nichts mehr sagt: Mitte des 19. Jahrhunderts war Sarah Grimké eine der ersten, die sich lautstark öffentlich für die Gleichstellung von Sklaven und Frauen in der Gesellschaft einsetzte und viele bedeutende Pamphlete verfasste. Und gerade das macht "Die Erfindung der Flügel" auch zu so einem authentischen und außergewöhnlichen Leseerlebnis. Ein so schwieriges Thema wie dieses muss man mit Fingerspitzengefühl angehen, um daraus eine intelligente Story weben zu können.
Fazit:
Eine unheimlich berührende Erzählung über das Schicksal zweier Frauen, die sich gegen die Widerstände ihrer Zeit stellen müssen. Eine klare Leseempfehlung nicht nur für Fans von Südstaatenromanen.
Bewertung:
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